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DAS WAR IN DER FÖRDERKOJE


Jörg Immendorf / Ralf Schmitt (17.1. - 28.2.1998)


«Errata» (7.3. - 31.3.1998)

Errata

CURARE ist die Bezeichnung für die Pfeilgifte, die von den Indianerstämmen des tropischen Südamerikas in den Stromgebieten des Orinoco und Amazonas und deren Nebenflüsse aus den Rinden vieler Strychnosarten hergestellt werden. Nach Alexander von Humboldt und den Gebrüdern Schomburgk unterscheidet man zwischen «Tubokurare» in Bambusröhren, «Kalebassenkurare» in Flaschenkürbissen und «Topfkurare» in Tontöpfen.

Anwendungsgebiete:

Verschiedene Lähmungen und Schwächezustände der Muskulatur, auch nach Überanstrengung (Pianisten). Dyspnoe und Schwindel bei Emphysem. Leberflecke (!). Diabetes mellitus. Skrofulöse Hautausschläge hinter den Ohren und im Gesicht. Ist bei Durst jeder Genese wirksam. Hinweisend auf die Verordnung von Curare kann das Symptom sein: «als ob das Gehirn voll Flüssigkeit wäre.»

Empfohlen wird Curare auch bei epileptiformen Anfällen, die hauptsächlich vor der Menstruation eintreten, ferner bei Tollwut und Kinnbackenkrampf bei Tetanus. Auch soll Curare besonders bei skrufofulösen Kindern mit Hautaffektionen, Ekzemen, besonders im Gesicht und hinter den Ohren (Petroleum, speziell auch bei Bildung von Leberflecken) indiziert sein. Wenn Durstgefühl nicht durch Bryonia, Arsen u.a. zu beheben ist, wirkt meistens Curare.

Die Anwendungsgebiete entsprechen dem homöopathischen Arzneimittelbild:
curare humanum est.

Wirkungsweise:
Die Lähmung der Muskulatur des Menschen vollzieht sich in folgender Reihenfolge:
1. Am empfindlichsten reagieren die äusseren Augenmuskeln, zuerst ist die Konvergenz gestört, dann folgt Ptosis. Durch initiale Muskelzuckungen können am Auge vorübergehend schmerzhafte Sensationen auftreten.
2. Es folgt Lähmung der mimischen Gesichtsmuskeln, welcher sich die der Hals- und Nackenmuskeln anschliesst: der Kopf wird schwer, es sinkt zurück. Die Lähmung der Schlund- und Kehlkopfmuskeln erschwert Sprechen und Schlucken.
3. Die anschliessende Lähmung der Extremitäten- und Bauchmuskulatur hat völlige Bewegungsunfähigkeit zur Folge und macht auch reflektorische Abwehrbewegungen unmöglich.
4. Die Lähmung der zu Atmung benötigten Interkostalmuskeln und schliesslich des Zwerchfells erfolgt in oft nur geringem Abstand.

Dosierung und Art der Anwendung:
Soweit nicht anders verordnet:
Bei akuten Zuständen häufige Anwendung alle halbe bis ganze Stunde je 5 Tropfen oder 1 Tablette oder 10 Streukügelchen oder 1 Messerspitze Verreibung einnehmen; parenteral 1-2ml bis zu 3mal täglich. Bei chronischen Verlaufsformen 1-3mal täglich 5 Tropfen oder 1 Tablette oder 10 Streuküglechen oder 1 Messerspitze Verreibung einnehmen; parenteral 1-2 ml pro Tag.

Bei intravenöser Injektion von d-TC wird am Menschen das Stadium 3 in wenigen Minuten (2-4 min) erreicht.*1
Zentrale Angriffspunkte von Tubokarin lassen sich im Tierversuch nachweisen, und zwar Lähmung und Erregung: Wird durch Gefässunterbindung die Kurarisierung der Peripherie verhindert und d-TC in die Aorta ascendens injiziert, treten beim Frosch Krämpfe auf (Tillie, 1890). Erhöht man die Dosis, erfolgt unter Nachlassen der erhöhten Reflexerregbarkeit Lähmung des Zentralnervensystems.*2

curated by 33 (Dr. Schmitt)

*1 vgl. Obrist, Hans-Ulrich: «Der Kurator muss verschwinden» in Delta X, Regensburg 1996, S. 20-28
*2 vgl. Babias, Marius (Hg.): «Im Zentrum der Peripherie», Dresden 1995


«Förderkoje auf der Art Frankfurt 1998» (19.-23.3.1998)

Künstlergespräch


Die Galerie Heinrich Schmidt aus Grenzach-Wyhlen
mit ihrem Programm: «Bonanza 71» (18.4. - 31.5.1998)

Pressemitteilung der Förderkoje zu Bonanza** 71
fifty - fifty*
Die Galerie Heinrich Schmidt mit ihrem Programm wurde von mir in die Förderkoje nach Berlin eingeladen und wird dort als Exponat ausgestellt; die Auswahl der Künstler/Kunstwerke oblag dem Galeristen. Zuvor ist die Förderkoje vertreten auf dem Stand der Galerie Heinrich Schmidt auf der Art Frankfurt (19.3.-23.3.) und dort selbst Exponat: tit for tat.

*Jason Rhoades: «CAPRICE. AUTO PROJECT CALIFORNIA CAPC/BORDEAUX, or 49% of a used car»

** [span. bo'nansa], Bergbauort in Nicaragua, 2200 E (1963); bedeutendste Goldmine des Landes mit durchschnittlich 10,6g Gold pro t Gestein; Kraftwerk; nur per Flugzeug zu erreichen.
auch: Meeresstille; viv en bonanza: im Wohlstand leben.

Katalogtext Teil I zu Bonanza 71
Siegmar stellte sich vor, wie es wäre, wenn er sein Bonanza-Rad nähme und endlich die Künstler besuchen würde, die er schon immer gerne besuchen wollte. Er hatte seine Legos lieb, aber er war bereit, sie für seine Helden zu opfern. Er hatte auch seine Mutter lieb, aber da sie soeben ziemlich ungerecht ihm gegenüber war, fackelte er nicht lange, packte seine Sachen in ein paar Tüten des Museums für Gegenwartskunst in Basel (sie gefielen ihm, denn sie waren durchsichtig) und in eine Salatschüssel (gut zum transportieren von Kleinteilen und: durchsichtig), sein Walkman musste noch mit und der kleine Fernseher, den ihm sein Onkel entgegen den Willen seiner Mutter zu Weihnachten geschenkt hatte (4 Jahre später bekam er seine Brille) und trat los. Berlin war weit, er war klein und er wusste das, aber das einzige, was man ihm nicht nachsagen konnte, war ein mangelndes Durchsetzungsvermögen. Das meinten auch sein Sportlehrer und seine Kumpels von Gegenüber, aber er hasste Turnen und trat auch nicht in den Fussballklub seines Dorfes ein. Er wollte ja Künstler werden, wenn nicht sogar Kurator.

EmailMessage1, 15.4.98
Starring:
Bert Theis as Ben
Protoplast AG as Ponderosa
Klaus Heid as Hoss
Andrea Crociani as Rosinante
Enrico Sitelli as Harald Schmidt
Harald Schmidt as Ralf Schmitt
Jean-Christophe as Old Man
Peter Amsler as Little Joe
Karsten Ewert as Lucky Luke
Thomas Kober as Caroline
Herbert Pfitzmann as Taxi Val Mentek
Judy Lybke as Marshall

fuck contemporary email

EmailMessage2, 16.4.98
Siegmar stellte sich vor, wie es wäre, wenn er sein Bonanza-Rad nähme und endlich die Künstler besuchen würde, die er schon immer gerne besuchen wollte. Er hatte seine Legos lieb, aber er war bereit, sie für seine Helden zu opfern. Er hatte auch seine Mutter lieb, aber da sie soeben ziemlich ungerecht ihm gegenüber war, fackelte er nicht lange, packte seine Sachen in ein paar Tüten des Museums für Gegenwartskunst in Basel (sie gefielen ihm, denn sie waren durchsichtig) und in eine Salatschüssel (gut zum transportieren von Kleinteilen und: durchsichtig), sein Walkman musste noch mit und der kleine Fernseher, den ihm sein Onkel entgegen den Willen seiner Mutter zu Weihnachten geschenkt hatte (4 Jahre später bekam er seine Brille) und trat los. Berlin war weit, er war klein und er wusste das, aber das einzige, was man ihm nicht nachsagen konnte, war ein mangelndes Durchsetzungsvermögen. Das meinten auch sein Sportlehrer und seine Kumpels von Gegenüber, aber er hasste Turnen und trat auch nicht in den Fussballklub seines Dorfes ein. Er wollte ja Künstler werden, wenn nicht sogar Kurator.

Fuck contemporary email

EmailMessage3, 16.4.98
Da war er nun, in der grossen Stadt - und hatte zehn Gedanken auf einmal: Er wollte durch die Stadt flanieren; er wollte sich das Parfüm seiner Mutter, "7/11", kaufen im Kadewe; das Lied "Berlin/Berlin (Du schöne Stadt)" kam ihm in den Sinn; und ihm wurde bewusst: Berlin ist eine Stadt in der Entwicklung, der Zukunft ebenso verpflichtet wie ihrer jüngsten Geschichte. Das hatte sie mit seinem kleinen Heimatort gemeinsam. Aber im Gegensatz zu anderen Metropolen ist die Gegenwart in Berlin prozesshaft, angefangen bei den stetigen Veränderungen zwischen Ost und West, dem Wandel von einer eingemauerten Stadt zur Hauptstadt bis zu den riesigen Bauvorhaben. Wäre es nicht sinnvoller Baggerführer zu werden und den Kuratorenjob an den Nagel zu hängen noch bevor dieser mangels Substanz vom Mörtel fiele? Könnte er dort nicht prozesshafter eingreifen in den Prozess stetiger Veränderungen und prozessualer Ideen? "Heute ist morgen schon gestern", hatte Ben ihm mit auf den Weg gegeben. Auf lange Sicht sind wir alle tot.

fuck contemporary email

EmailMessage4, 16.4.98 nachts
Sehr geehrte Damen und Herren
wir freuen uns, Ihnen anbei den Grundriss für unseren Messestand auf dem ArtForum Berlin vom 30.9. bis 4.10.1998 bekanntgeben zu dürfen.

Grundriss Messestand ArtForum Berlin

Eine Künstlerliste folgt in Kürze.
Hochachtungsvoll
Inhaber Ralf Schmitt
Förderkoje Berlin

EmailMessage5, 17.4.98 morgens
www.heinrich-schmidt.de/Pages/Foerderkoje/Berlin.htm

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EmailMessage6, 17.4.98 mittags
Siegmar wusste nicht so recht. In der Marienstrasse bauten sie noch auf, er musste seine Zeit also irgendwie totschlagen. Sollte er heute abend zur Vernissage in die Chausseestrasse in Mitte gehen, oder nicht doch lieber zu "Run DMC" in der Arena? Nein, es war eigentlich keine Frage.

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18.4.98, 17 Uhr: Boys, let's go!

19.5.98: MS.DOS

MS.DOS


«Förderkoje goes Fuglekøje»: Kåverknoldene 8, Sønderho, DK-6720 Fanø (8.6. bis 14.6.1998)

Lancia!

Briefkasten!

Eine sogenannte Fuglekøje ist eine im grösseren Stil angelegte Reuse - bestehend aus einem grossen Teich, von dem aus überdeckte Kanäle abgehen, in denen Wildenten gefangen wurden.
Die Insel Fanø war der einige Ort in Dänemark, wo in früheren Zeiten gleich vier Vogelkojen angelegt wurden. 1931 waren von diesen noch zwei in Betrieb, als eine Änderung des Jagdgesetzes den Gebrauch von Vogelkojen verbot. Die Albue und Sønderho Vogelkojen werden heute für den Fang von Enten zur Beringung und Aufzucht genutzt.
Förderkoje Juni 1998
33 Navigator Ralf Schmitt

Zur Eröffnung der Falle lade ich Sie zur Finissage am Dienstag, den 16.6. von 13.30 bis 17 Uhr in die Albue Fuglekøje ein.
Eintritt: Dkr. 5.- Erw., Dkr. 2.- Kinder.


Stephanie Jünemann: «Einzelausstellung»
21.6. bis 31.7.1998
Eröffnung am Samstag, 20.6. von 17 bis 21 Uhr.

Stephanie Jünemann in der TAZ

 

wann

wo(man)

?how

O.T., Acryl auf Resopal, 11/1994, 28x23,6 cm, Serienunikat 1/3, je 500.- DM.

O.T., Acryl auf Resopal, 1/98 III, vierteilig, 77x150 cm, 2.900.- DM.


Ralf Schmitt in der TAZ


Teilnahme am «New Art Workshop» von Bert Theis
auf der Manifesta 2, Luxemburg
7.7. - 16.7.1998


Ralf Schmitt bei Nitsch:

NitschRalf

RalfNitschFotos: H. Cibulka